Der Landtag Nordrhein-Westfalen
von Jonas Hülskötter
Warum ist der Landtag Rund? Eine, auf den ersten Blick recht einfache Frage, haben sie schon mal einen viereckigen Zirkus gesehen? Die machen doch eh nichts und wenn, dann kümmern sie sich nicht um unsere Anliegen.
Eine weit verbreitete Meinung über Politik. Trifft dieses Bild wirklich zu? In den letzten drei Wochen konnte ich hinter die Fassade schauen. Zunächst dachte ich mir nur „Willkommen im Labyrinth“. Ein Flur gleicht dem anderen. Wer kümmert sich um was und was verbirgt sich hinter den unzähligen Ausschüssen? Mein Praktikum im Landtag, bei Christina Schulze Föcking sollte mir Aufschluss geben.
Es waren drei spannende Wochen, voller neuer Erfahrungen und Eindrücke. Ich begleitete die junge Abgeordnete bei Fraktionssitzungen, Arbeitskreisen, Unternehmensbesichtigungen, Tagungen, Petitionsterminen, Besuchergruppen und vielen weiteren Terminen. Auch konnte ich viele Politiker einmal aus unmittelbarer Nähe sehen. Es sind auch nur Menschen.
Nicht zu vergessen die Regierungserklärung im frisch renovierten Plenarsaal, die Antwort der Opposition darauf und weitere Debatten. Besonders in Erinnerung wird mir dabei bleiben, wie intensiv und kräfteraubend die Arbeit eines Politikers ist bzw. sein muss. Bei jeder Kleinigkeit kommt Gegenwind auf, alles muss ein Dutzend Mal diskutiert werden ein Termin jagt den anderen und am Ende des Tages bekommt man als Anerkennung meistens nicht einmal ein Dankeschön.
Zurück zu den Terminen. Sie sind sehr abwechslungsreich. An einem Tag waren wir zum Beispiel im Forschungszentrum Jülich. Dort tagte der CDU Agrarausschuss NRW. Neben einen interessanten Vortrag bekamen wir eine Führung über das Gelände. Nachmittags ging es dann schon wieder zurück in den Kreis Steinfurt, denn es wartete schon der nächste Termin. Nebenbei noch Anrufe tätigen, E-Mails beantworten und sich auf die kommende Veranstaltung vorbereiten.
Neuer Tag, neues Ziel. Diesmal stand ein Petitionstermin an. Es ging von Steinfurt Richtung Ruhrgebiet. Dort wurde mir noch mal deutlich, wie nah Politik am Bürger ist. In diesem Fall wurde ein Termin vor Ort, also in der Stadt des Antragstellers gemacht um sich ein Bild über dessen Lage zu machen. Von der Pflegeversicherung die nicht für Kosten aufkommt, Menschen mit Aufenthaltsproblemen und Probleme bei der Schulbeförderung. Man wird mit den unterschiedlichsten Aufgaben konfrontiert.
Ein Highlight des Praktikums war die Tagung der Agrarpolitischen Sprecher aus den 16 Bundesländern und dem Bundestag in Hörstel. Die agrarpolitischen Sprecher sprechen dort über aktuelle Ereignisse, beraten über weitere Schritte und stimmen ihre Politik ab. Anwesend war unter anderem auch Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner
Ein Tag stand ganz unter dem Motto „Raus in die Betriebe“. So besuchten die Sprecher unter anderem den weltweit operierenden Landmaschinenhersteller Claas am Sitz seiner Unternehmenszentrale in Harsewinkel und das Agrarwirtschaftsunternehmen Agravis.
Doch zurück zum Bild des Politikers. Wurde die weitläufige Meinung bestätigt? Sagen wir es mal so:
Die Aufgabe eines Politikers ist es, die Anliegen der Bevölkerung zu vertreten. Denke ich, an meine Schulzeit zurück, so war es meist schon ein Problem, bei nur 25 Schülern in einer Klasse, sich auf ein Ausflugsziel zu einigen: Das ist ja auch ganz klar, denn jeder hat unterschiedliche Vorstellungen und Interessen.
Jetzt nehme man die Zahl 17.836 Mio., also die Einwohner von NRW, und deren Interessen. Dann wir die Herkules-Aufgabe eines NRW Politikers schnell deutlich.
Jeder Bürger möchte, dass seine Interessen nicht nur vertreten, sondern auch durchgesetzt werden. Das macht es zu einem Drahtseilakt, diesen zahlreichen Interessen und Ansprüchen gerecht zu werden. Das geht nicht ohne Kompromisse – siehe Schule.
Eine schwierige, wie aber auch reizvolle Aufgabe, darum bin ich sehr froh, dass ich einen Weg des Labyrinths, Politik, entdecken durfte und eins ist mir auch klar geworden, Demokratie ist anstrengend.
Oktober 2012