Altenberger Premiere Vorbild für ganz NRW? / Notfall-Helfer noch schneller am Einsatzort
-Achim Giersberg- Altenberge/Kreis Steinfurt – Jede Minute, die ein Patient mit Herz-Kreislaufstillstand unversorgt bleibt, erhöht die Sterblichkeit um sieben Prozent, sagt Dr. Karlheinz Fuchs. Ärztlicher Direktor Rettungsdienst beim Kreis. Umgekehrt gilt: Wenn die Rettungskräfte nur fünf Minuten schneller am Einsatzort sind, sterben von 100 Betroffenen 35 weniger. Schnelligkeit bedeutet also Überleben.
Vor diesem Hintergrund gewinnt eine Neuerung besonderes Gewicht, die Kreisdirektor Dr. Sommer und die CDU-Landtagsabgeordnete Christina Schulze Föcking gestern bekannt gaben: Die „Sanitäter vor Ort“ des DRK Altenberge dürfen ab März 2014 bei ihren Einsatzfahrten Sonderrechte wie Blaulicht und Martinshorn nutzen. Die Ausnahmegenehmigung der Bezirksregierung für den 15 Jahre alten VW T 5 ist eine Premiere für NRW.
„Sanitäter vor Ort“, das sind ehrenamtliche, vom DRK oder den Feuerwehren (dann heißen sie „First Responder“) ausgebildete Helfer vor Ort. Sie werden parallel zum Notarzt von der Kreis-Leitstelle alarmiert. Dieses „Notfallhelfer-System“ soll das so genannte „therapiefreie Intervall“ bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überbrücken. Nach spätestens zwölf Minuten sollen dann die Profi-Retter im ländlichen Raum im Regelfall am Einsatzort sein. Im Einzelfall kann es aber auch mal länger dauern.
Die „Sanitäter vor Ort“ dagegen können leicht fünf oder mehr Minuten schneller sein, und sie sind es in der Regel auch. „Sehr gut“ sei die Zusammenarbeit mit den regulären Rettungsdienst-Kräften, lobt Dr. Fuchs das professionelle Niveau der Ehrenamtler. 167 Einsätze hätten die 20 Mitglieder der Altenberger „Sanitäter vor Ort“-Gruppe im vergangenen Jahr geleistet, sagt Edgar Reifig, Rotkreuz-Leiter in Altenberge. In rund 30 Prozent der Einsätze hätten die „Sanitäter vor Ort“ mit Blaulicht und Martinshorn noch schneller am Einsatzort sein können. Und noch einen Vorteil habe das Blaulicht: „Die Leute erkennen uns schneller und machen sich bemerkbar.“ Nicht zuletzt könnten Hubschrauber-Besatzungen vom Landeplatz mit Blaulicht schneller zum Einsatzort gebracht werden.
Christina Schule Föcking, die sich nach einem Besuch der Gruppe in Altenberge begeistert von deren Engagement zeigte, habe mit einer kleinen Anfrage im Landtag und vielen Gesprächen hinter die Kulissen zum jetzt erreichten Fortschritt beigetragen, sagte Kreisdirektor Dr. Sommer. Er selbst plädiere dafür, dass das Altenberger Beispiel Schule mache. Zwar teile er die Ansicht des Landes, Sonderrechte nur unter strengen Rahmenbedingungen zu gewähren, diese seien aber in Altenberge geben. Zu den Voraussetzungen für die Gewährung von Sonderrechten gehörten u.a. eine 50-stündige Ausbildung, ein Mindestalter, ein regelmäßiges aktives Fahrertraining. Auch andere der insgesamt acht „Sanitäter vor Ort“-Gruppen im Kreis Steinfurt (Altenberge, Nordwalde, Recke, , Hopsten, Bevergern, Riesenbeck, Dreierwalde und demnächst Lotte) sowie der „First Responder“-Gruppe in Lienen “ seien Kandidaten für künftige Sonderrechte. „Wenn dieselbe Mannschaft im selben Fahrzeug zum Heuballenbrand fährt darf sie Blaulicht und Horn einschalten, aber nicht bei der Fahrt zum Herzinfarkt. Das versteht doch kein Mensch“, plädierte Sommer dafür, sich ein Beispiel an Bayern zu nehmen, wo Blaulichtfahrten in solchen Fällen längst gängige Praxis seien.
„Eine richtig gute Sache“ sei das jetzt Erreichte, meinte Schulze Föcking und sprach von einem „starken Signal“ nach Düsseldorf. Wenn die neue Regelung sich in Altenberge bewähre, sollte sie für ganz Nordrhein-WestfalenW übernommen werden – „zum Wohle der Bürger“.